Wednesday, April 6, 2011

Ratschläge in der Schwanger­schaft


Gut gemeinte Ratschläge: Was ist falsch?

Wer schwanger ist, braucht sich eigentlich keinen Ratgeber mehr zu kaufen! Sobald Sie Ihren Freunden, Verwandten und Kollegen angekündigt haben, dass da „was Kleines“ unterwegs ist, bekommen Sie haufenweise Tipps, Vorhersagen und Ratschläge für die Schwangerschaft - ob Sie wollen oder nicht.
Alle sprechen aus Erfahrung, selbst diejenigen, die gar keine Kinder haben, denn man weiß ja schließlich, wie das ist. Mutter, Schwiegermutter, Freundinnen, Kolleginnen, Tanten, Nachbarinnen... Jede möchte ihren Kommentar loswerden und Ihnen einen persönlichen Tipp mit auf den Weg geben. Natürlich ist das alles gut gemeint - aber trotzdem nicht immer richtig!

Wir haben in der Forenwelt erschreckend viele falsche Ratschläge für die Schwangerschaft gefunden, die sogar gefährlich sein können, wenn sie die Gesundheit betreffen.

Unsere Expertin, eine Hebamme mit Geburtsverantwortung, räumt mit den Gerüchten auf und erklärt uns, wie die Wahrheit aussieht.

"Das sieht man: Es wird ein Mädchen!"

Gerücht Nr. 1: "Ich fühle mich im Moment nicht besonders, bin ziemlich aufgebläht und mit Pickeln übersät. Meine Cousine sagt, dass ich ein Mädchen bekomme, weil die Mädchen ihrer Mutter die Schönheit rauben!"

Die Hebamme meint: Eine Frau macht in der Schwangerschaft eine immense hormonale Umstellung durch. Das sieht man den Haaren und der Haut an, die sich radikal verändern kann. Trockene Haut wird unter Umständen fettig (daher die Akne) oder umgekehrt, unabhängig davon, welches Geschlecht Ihr Baby hat. Es bringt also nichts, Ihre Tochter (wenn es denn eine wird), jetzt schon für etwas verantwortlich zu machen, wofür sie gar nichts kann!

Gerücht Nr. 2: "Mein Bauch geht ziemlich nach vorne und sieht aus wie ein Fußball. Meine Kollegen sind sich deshalb einig, dass es ein Junge wird."

Die Hebamme meint: Die Bauchform hat überhaupt nichts mit dem Geschlecht des Kindes zu tun. Wenn eine Frau schwanger ist, drückt ihre Körperhaltung die Gebärmutter nach vorne. Die Bauchform hängt von der Morphologie des Beckens und der Hautelastizität ab. Wenn Sie ein zu starkes Hohlkreuz haben, sollten Sie diese Haltung langfristig korrigieren, weil es schlecht für den Rücken ist. Kippen Sie Ihr Becken nach vorne und halten Sie sich ganz gerade, so als würden Sie Ihren Bauch einziehen.

"Du kriegst nur Jungs!"

Gerücht Nr. 3: "Ich erwarte meinen dritten Jungen. Meine beste Freundin denkt, dass ich mit meinem Mann nie ein Mädchen bekommen werde."

Die Hebamme meint: Es kommt vor, dass bestimmte Männer nur Träger von Y-Spermien sind, aber das ist äußerst selten.
Das Geschlecht Ihres Kindes wird unter anderem auch von der Beschaffenheit des Gebärmutterhalsschleims in der Scheide beeinflusst, denn er hilft den Spermien, bis zur Eizelle aufzusteigen. Dabei ist der Säuregehalt des Schleims entscheidend.

Mehr dazu:
Junge oder Mädchen: Was kann man beeinflussen?

"Schokolade erzeugt Geburtsflecken"

Gerücht Nr. 4: "Meine Großtante hat mir geraten, keine Schokolade mehr zu essen, sonst kommt mein Sohn mit einem Geburtsfleck zur Welt."

Die Hebamme meint: Dieser Aberglaube ist so weit verbreitet, dass der Geburtsfleck am Hinterkopf sogar den schönen Namen "Storchenbiss" trägt. Einen wissenschaftlichen Beweis für den Zusammenhang zwischen Schokolade und Geburtsfleck gibt es selbstverständlich nicht. Die berühmten Angiome heißen wegen ihrer roten Farbe auch "Weinflecken" oder "Feuermale". Sie bestehen aus kleinen erweiterten Blutgefäßen und verschwinden mit der Zeit langsam, wenn das Kind größer wird. Sie müssen also bestimmt nicht auf Ihr tägliches Stück schwarze Schokolade verzichten!

Gerücht Nr. 5: "Meine Tante hat mir gesagt, dass ein Glas Rotwein pro Tag das Beste ist, was es gibt, um Eisenmangel vorzubeugen. Selbst in der Schwangerschaft!"

Die Hebamme meint: Es ist mittlerweile erwiesen,dass Alkohol in der Schwangerschaft für das Gehirn Ihres Kindes gefährlich sein kann. Deshalb dürfen Sie überhaupt keinen Alkohol trinken! Um Eisenmangel vorzubeugen, können Sie zum Beispiel Blutwurst oder Hülsenfrüchte (Linsen) essen. Um das in den Lebensmitteln enthaltene Eisen besser zu binden, sollten Sie Vitamin-C-reiches Obst wie Orangen essen und Ihren Teekonsum reduzieren, denn Teein verhindert die Eisenbindung.

Mehr dazu :
- Alkokol in der Schwangerschaft
- Schwanger: Was darf ich essen?

"Eine Zigarette am Tag kann nicht schaden"

Gerücht Nr. 6: "Meine Freundin hat gesagt, dass man Stress in der Schwangerschaft unbedingt vermeiden sollte, selbst wenn man dafür 3 oder 4 Zigaretten am Tag braucht, um ruhig zu bleiben."

Die Hebamme meint:
Man weiß heute, dass selbst ein paar Zigaretten genauso schädlich sind wie ein ganzes Päckchen am Tag, weil Sie so sehr darauf warten, dass Sie dann stärker daran ziehen, um den Mangel auszugleichen. Verringern Sie daher lieber Ihren Zigarettenkonsum, damit Sie es leichter schaffen, ganz aufzuhören.

Mehr dazu:
- Rauchen in der Schwangerschaft

"Wer wenig zunimmt, bekommt auch keine Dehnungsstreifen"

Gerücht Nr. 7: "Meine Cousine hat mir erzählt, dass sie während ihrer Schwangerschaft für zwei gegessen hat und ihr Baby nur 2700 g gewogen hat. Deshalb rät Sie mir, für 4 zu essen, damit das Baby schön wächst!"

Die Hebamme meint: Das ist ein sehr schlechter Rat, weil Sie deswegen womöglich viel zu viel Gewicht zulegen und alle damit verbundenen Beschwerden bekommen: Schwangerschafts- toxikose (eine schwangerschaftsbedingte Krankheit, die zu Bluthochdruck oder Albumin im Urin führt), Müdigkeit und Kreuzschmerzen im Lendenbereich. Statt mehr zu essen, sollten Sie "besser essen". Nutzen Sie die Gelegenheit, um sich gesünder und abwechslungsreicher zu ernähren.

Gerücht Nr. 8: "Ich nehme sehr wenig zu. Meine Mutter hat mir gesagt, dass ich deshalb keine Creme gegen Schwangerschaftsstreifen brauche."

Die Hebamme meint: Eine geringe Gewichtszunahme beschränkt tatsächlich das Risiko, Schwangerschaftsstreifen zu bekommen. Aber es gibt auch noch andere Faktoren: Die Schwangerschaftshormone (z.B. Cortisol) können schon zu Beginn der Schwangerschaft Dehnungsstreifen auslösen. Wenn Sie jung sind, haben Sie eine sehr straffe Haut, die bei der Spannung, die durch das in der Schwangerschaft zugenommene Gewicht (so gering es auch sein mag) leicht einreißt. Daher kann ich Ihnen nur raten, sich gut zu pflegen und sich jeden Tag in paar Minuten Zeit zu nehmen, um sich mit Arganöl einzureiben, das sehr wirksam gegen Schwangerschaftsstreifen ist.

Mehr dazu:
- Gewichtszunahme in 9 Monaten
- Dehnungsstreifen vermeiden

"Blonde kriegen keine Schwangerschaftsmaske"

Gerücht Nr. 9: "Eine Freundin hat mir gesagt, dass Blonde keine Schwangerschaftsmaske bekommen."

Die Hebamme meint: Es stimmt, dass Frauen mit einem dunklen Hauttyp am stärksten von der Schwangerschaftsmaske betroffen sind. Aber dieses Phänomen betrifft alle Frauen. Die Hormone sind der hauptsächliche Auslöser dafür, weil sie die Pigmentierung anregen und die Haut UV-empfindlicher machen. Wenn Sie die Maske vermeiden möchten, sollten Sie sich mit allen Mitteln vor der Sonnenstrahlung schützen: Hut, Sonnenbrille, Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor...

Mehr dazu:
- Schwanger in die Sonne: Gewusst wie!

"Gymnastik kann Fehlgeburten auslösen!"

Gerücht Nr. 10: "Ich bin im 3. Monat schwanger und mache immer noch Gymnastik. Meine Schwester hat mich davor gewarnt, die Arme nicht mehr nach oben zu strecken, weil das eine Fehlgeburt auslösen könnte."

Die Hebamme meint: Es besteht überhaupt kein Fehlgeburtsrisiko, vor allen Dingen im 3. Monat. Egal ob die Arme oben sind oder nicht: Übungen können nicht schaden, ganz im Gegenteil! Natürlich muss Ihr Frauenarzt dazu erst sein Okay geben, aber im Prinzip gibt es nichts dagegen einzuwenden.

Gegen Ende der Schwangerschaft sollte man allerdings etwas mehr aufpassen. Die Arme in die Höhe strecken, um den Schrank oben abzustauben ist keine gute Idee. Bei dieser Bewegung werden die Rücken- und Bauchmuskeln bewegt und das kann dann tatsächlich Wehen auslösen.

"Sex und Vollmond lösen die Geburt aus"

Gerücht Nr. 11: "Eine Woche vor meinem Entbindungstermin ist Vollmond. Meine Mutter prophezeit mir jetzt schon, dass das Baby genau in dieser Woche kommen wird, wie bei vielen anderen Müttern, die dann nahe am Entbindungstermin sind."

Die Hebamme meint: Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis dafür, dass es bei Vollmond eine erhöhte Geburtenzahl gibt. Ihr Baby kommt dann, wenn es kommen will.

Gerücht Nr. 12: "In den letzten Schwangerschaftsmonaten kann Sex die Geburt auslösen."

Die Hebamme meint: Das stimmt tatsächlich!
Der weibliche Orgasmus kann Gebärmutter-Kontraktionen auslösen, die die Geburt in Gang bringen. In Wirklichkeit muss Ihr Baby allerdings schon bereit sein, um zu kommen und die Schwangerschaft schon fast zu Ende sein, aber wenn dem so ist, kann es klappen!

Mehr dazu:
- Sex in der Schwangerschaft
- Frauen berichten: Sex mit Babybauch

"Ein Tattoo ist kein Hindernis für eine Periduralanästhesie"

Gerücht Nr. 13: "Man hat mir gesagt, dass ein Tattoo im unteren Rückenbereich kein Hindernis für die Periduralanästhesie darstellt."

Die Hebamme meint: Das ist falsch. Wenn sich das Tattoo an der Stelle befindet, wo die Periduralanästhesie durchgeführt wird (zwischen den Wirbeln L1-L4), ist es nicht möglich. Vorsichtshalber geht der Anästhesist nicht das Risiko ein, Tinte oder Farbstoffe in das Gewebe eindringen zu lassen.

Gerücht Nr. 14: "Angeblich darf man wegen der Narkose nichts mehr essen, sobald die ersten Wehen eintreten."

Die Hebamme meint: Es besteht immer ein kleines Risiko, dass Sie eine Vollnarkose bekommen. Deshalb raten die Ärzte dazu, vor einer Geburt nichts zu essen, aber nur ab dem Zeitpunkt, wo der Geburtsvorgang wirklich begonnen hat. Ganz ehrlich: Es ist besser, Kräfte zu sammeln und langsame Kohlenhydrate (Nudeln, Brot, Cerealien...) zu essen, um für die kommende Anstrengung gerüstet zu sein.

Mehr dazu:
- Handy im Kreißsaal? Wann darf ich wieder duschen? 30 Fragen zur Geburt

"Stuhlgang bei der Geburt und mehr Horrorgeschichten"

Gerücht Nr. 15: "Ich habe einen sehr muskulösen und kräftigen Körper. Eine Freundin hat mir gesagt, dass ich deswegen eine endlose und schwierige Geburt haben werde."

Die Hebamme meint: Machen Sie sich keine Sorgen! Ein sehr straffer Damm verhindert nicht, dass sich der Muttermund öffnet. Die Hebamme wird Ihnen sagen, wann Sie auf Kommando locker lassen müssen, das gehört zu den grundlegenden Informationen einer guten Geburtsvorbereitung.

Gerücht Nr. 16: "Meine Tante hat mir gestanden, dass sie während der Geburt etwas Stuhlgang verloren hat. Ich möchte auf keinen Fall, dass mir das passiert, wenn mein Partner dabei ist."

Die Hebamme meint: Wenn das Baby beim Absinken auf den Darm drückt, kann es sein, dass sich der After öffnet und den Stuhl nicht mehr hält. Vor diesem Szenario haben viele werdende Mütter Angst. Aber ganz ehrlich: Das kommt gar nicht sooo oft vor. Die Wehen sorgen in den allermeisten Fällen dafür, dass der Darm rechtzeitig vor der eigentlichen Austreibung entleert wird.

Kleiner Tipp: Fragen Sie Ihre Hebamme oder Ihren Frauenarzt, welches Mittel Sie zur Darmentleerung einsetzen dürfen, um den Stuhlverlust bei der Geburt zu vermeiden. In manchen Entbindungsstationen wird vor der Geburt ein Einlauf angeboten.

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